, Kaschta Adrian

Stromer trifft Stromer... 4. Teil von Immo's Reise auf der Elbe

Immo berichtet von seiner Elbe-Tour 2021

07.09.2021
 
14:00 Uhr / Magdeburg
Der Yachthafen Zollelbe liegt eigentlich recht zentral. Man braucht bloß über eine Brücke gehen und schon ist man in der Stadt. Nur aufgrund von Bauarbeiten kommt man nicht durch und so muss man einen großen Bogen laufen, um über die alte Eisenbahnbrücke in die Stadt zu kommen. Unterwegs, auf dem Weg dorthin, wieder ein großes verlassenes Gelände gefunden. Tolles Gebäude darauf, aber alles ziemlich zerstört. Die alte Eisenbahnbrücke ist mit Holzbohlen belegt, die alle beschriftet sind. Es sind Spenden. So konnte jeder auf der Holzbohle eine Nachricht oder Namen hinterlassen. Eine tolle Idee des Sponsoring.
In der Stadt selber ist alles ganz anders als auf dem Land. Die Menschen gucken stur geradeaus, oder laufen mit gesenktem Blick auf den Boden. Dann Leute mit einem Knopf im Ohr, die scheinbar Selbstgespräche führen. Ach ja... und dann gibt's noch die, die alle mit dem Handy rumlaufen und draufgucken.
Da ich ja die letzten Tage so viel mit Wasser zu tun hatte, habe ich mir beim Stadtrundgang das Hundertwasser-Gebäude angeschaut. Wenn ich in der Stadt wohnen würde, wäre das vielleicht eine Option.
Nach vier Stunden Stadtrundgang sitze ich im Hafen, in der Hafenbar im Liegestuhl, direkt am Wasser und genieße ein Alster.
Auf jeden Fall auch für alle, die über den Mittellandkanal Richtung Berlin fahren, ein Abstecher wert.
 
08.09.2021
 
09:45 Uhr
Habe gerade noch die Werft besichtigt. Die geht aber wohl auch dem Ende entgegen, da die Berufsschifffahrt auf der Elbe zum erliegen kommt. 
15 Liter Benzin gebunkert und dann Leinen los.
 
12:45 Uhr
Im Hafen Rogätz festgemacht um im Ort Mittag zu essen. Habe dann "Sabine Schmidt's Hausfleischerei Restaurant & Pension" gefunden. Es gibt dort einen schönen Innenhof, wo man wunderbar sitzen kann.
 
15:00 Uhr 
Es kommt etwas Südostwind auf. Endlich mal aus einer Richtung dass man segeln kann. Segel hoch und los geht's! Nach 20min. schläft der Wind ein….. Segel wieder streichen und mit Motor weiter.
In einer schönen Bucht (km 373) Anker geworfen.
 
09.09.2021
 
08:45 Uhr
Kein Wind! Der Wasserstand sinkt die letzten Tage und ich muss aufpassen, dass ich nicht über Nacht trockenfalle.
Setze immer eine Markierung an der Wasserkante. Dann kann man rechtzeitig reagieren. Zur Zeit sinkt der Pegel um ca. 10-15cm pro Tag.
Gleich geht's nach Tangermünde. Was für ein schöner Name! Ein Ort voller Geschichte.
 
10:00 Uhr (km 281)
Weit bin ich nicht gekommen. Schon wieder eine neue schöne Bucht mit einem Kiefernwald im Hintergrund. So einladend, dass ich wieder Anker werfe und erstmal einen Landgang mache. Danach einfach relaxen.
Gegen 15:00 Uhr kommt ein bisschen Südostwind auf. Also Segel raus und endlich mal segeln! So komme ich zumindest mal 20 km unter Segel voran. Die Elbe ist hier recht breit und von der Strömung gutmütig.
In Tangermünde halte ich jetzt doch nicht an, da es gerade so schön, unter Segel, voran geht. Bin mal mutig und passiere 2 Brücken, ohne den Mast zu legen. An den Brücken ist die Höhe nirgends abzulesen. Man muss es vorher aus den Karten raussuchen, dann den Fluss-Pegel erfragen, um sich dann die Durchfahrtshöhe ausrechnen.
Die zweite Brücke sieht verdammt niedrig aus und ich schmeiße Mal vorsichtshalber den Motor an und gehe auf Rückwärts, um Fahrt rauszunehmen. taste mich langsam ran… es passt!
Irgendwo vor Arneburg kommt es noch zu einer netten Begegnung. Stromer trifft Stromer! Ein kleines Motorboot mit dem gleichen Namen. 
 
18:30 Uhr
Der Wind schläft ein, ich beschließe in Arneburg (km 403,5) festzumachen. Mir ist nach Essengehen und so beschließe ich, dass mir empfohlene Burgrestaurant,  das auf einem Berg liegt, aufzusuchen. Man hat von dort aus eine wunderschöne Aussicht in das Land. Es gibt dort eine Terrasse, wo man wunderbar beim Essen sitzen und dabei auch die Aussicht genießen kann. Das Lokal ist gut besucht, aber es sind noch Plätze frei. Am Eingang steht "Bitte warten". Es geht hier wohl darum, die Corona-Vorschriften einzuhalten und die Leute direkt an ihre Plätze zu bringen. Ich warte fast 10 Minuten. Dann kommt ein Kellner und fragt, was ich möchte. Als ich ihm sage, dass ich gerne etwas essen würde, sagte er mir, dass sie um 19 Uhr schließen. Als ich ihm sagte, dass ich nun schon fast zehn Minuten warte und es da noch nicht 19:00 war, meinte er, ich könnte ja noch ein Stück Kuchen bekommen….. nein danke! 
Zweiter Versuch. Es gibt noch einen Italiener in Arneburg. Also vorsichtshalber mal anrufen, bevor ich dort hinlaufe. Ich erkläre mein Anliegen.
Antwort "nein". Sie würden um 19:30 schließen. Fazit: Wer nach Arneburg will und Hunger hat sollte früh kommen!!!
 
Nun bin ich doch etwas gefrustet und habe auch keine Lust mehr in Arneburg zu bleiben.  Also Leinen wieder los und einfach weiterfahren.
Es wird langsam dunkel und ich muss zusehen, dass ich noch irgendwo einen schönen Ankerplatz finde. Den finde ich auch, zumindest schön, aber sehr flach und total moskitoverseucht. Ein Mottenloch! Egal, ich kann es nicht mehr ändern, es wird dunkel. Schnell ins Boot, alles abdichten und hoffen, dass der Wasserstand der Elbe nicht allzu schnell sinkt. Morgen will ich einen erneuten Versuch mit der Zivilisation versuchen und einen Abstecher nach Havelberg machen.
 
10.09.2021 (km 411)
 
Wache gegen vier Uhr morgens auf. Irgendwie keine Bewegung mehr im Boot. Schnell noch einen Kaffee kochen, Brote schmieren und Anker lichten. Bekomme das Boot noch so gerade wieder frei. Die Moskitos haben auf ihre Chance gewartet und fallen nun wieder über mich her. Werfe kurz den Motor an und fahre auf die Elbe raus, stelle den Motor wieder aus und lasse mich treiben. Zur Entschädigung bekomme einen wunderbaren Sonnenaufgang geliefert und kann hören, wie die Natur erwacht. Kein Wind, segeln nicht möglich. Also lege ich schon mal den Mast um, da ich in Havelberg Brücken passieren muss, wo die Höhe auf gar keinen Fall stimmt.
Gegen 09:45 in Havelberg festgemacht. Netter Empfang. Werde jetzt mal einen Landgang wagen.
 
11.09.2021
 
09:30 Uhr
Havelberg liegt an einem schönen Flecken Erde, aber versteht es nicht wirklich zu nutzen. Viele historische Gebäude verschandelt, die Wasserlage nicht wirklich gut genutzt. Schwanke gerade zwischen weiterfahren oder noch bleiben. Proviant und Benzin habe ich schon gestern besorgt.
Das laut App angesagte Gewitter hat nicht stattgefunden. Es hat in der Nacht ein wenig geregnet.
Weiterfahren!
 
12:30 Uhr
Zurück auf der Elbe. Bei km 438 komme ich in ein traumhaftes Naturschauspiel. Hunderte, wenn nicht eher tausende Vögel,  Silberreiher, Kiebitze, Möven, Enten, Komorane und vor allem Gänse sind direkt neben mir auf dem Wasser oder am Ufer. Sie fliegen teilweise auf, landen direkt vor meinem Boot. Sie sind nicht wirklich scheu, starten wieder durch, um dann ein paar Meter weiter, wieder vor'm Boot, zu landen. Was für ein Schauspiel! Die Fotos können nur ein Bruchteil davon wiedergeben. Das nächste Handy sollte bessere bis beste Fotoqualität haben. Oft habe ich auch nur eine Hand frei zum "knipsen". 
In Sachen Gastronomie bin ich ja nun ein wenig vorsichtig geworden. Laut Elbe-Törnführer soll es in Hinzdorf (km 448,5) ein Pfannkuchenhaus geben. Ich habe das dann mal gegoogelt und auf der eigenen Website steht, dass wegen Personalmangel geschlossen ist. Ich dachte mir, ruf trotzdem mal an. Ich bekomme da die Aussage, dass sie geöffnet haben, aber jetzt, um 17:30 Uhr, schließen würden, weil ja keine Gäste mehr da sind. Auf meine Frage, wenn ich in 20 Minuten komme, ob ich dann noch was zu Essen bekommen würde, bekam ich negative Antwort. Ist schon komisch hier in dieser Gegend mit den Restaurants.
Nun habe ich kurz vor Wittenberge in einer schönen Bucht Anker geworfen und werde mir selber was zu essen machen.
 
12.09.2021 (km 452)
 
Fahre erst gegen 14:00 Uhr weiter. Mache Hafenrunde in Wittenberge und mache Mal wieder eine "Mutprobe". Im hinteren Hafen gibt es eine Brücke mit Pegelangabe davor.
Danach sollten ca. 10 - 10,5 m Platz sein. Gefühlt sind da vielleicht noch 30 - 50cm Platz … beim Durchfahren Sch…..gefühl, werde mal meine Masthöhe von 8,50 auf 9,00 - 9,20 mit Windanzeige oben drauf korrigieren.
 
Werfe bei km 465 wieder Anker, merke aber, dass die Bucht zu flach ist um zu übernachten. 
Also weiter bis km 471.
 
13.09.2021
 
Das Wasser fällt weiter, aber die Bucht ist in sich nicht so flach. Das Boot schwimmt hinten noch, der Außenborder hat noch ein wenig Wasser unter der Schraube.
 
08:35 Uhr 
Gleich geht's weiter Richtung Schnackenburg. Es liegt am Westufer. Ich erreiche ehemals West-Deutschland …  
Schnackenburg sieht etwas traurig, verlassen und runtergekommen aus. Es hat bestimmt schon bessere Zeiten erlebt. Ich habe dort das Grenzland-Museum besichtigt. Schnackenburg war letzter Schutzhafen vor der Grenze. Dort war auch der Zoll und Grenzschutz stationiert. 
Gastronomie - alles geschlossen, also fahre ich weiter. 
Würde so gerne noch ein bisschen segeln, aber der Wind kommt genau von vorne. Egal, versuchen! Mit kreuzen klappt das auch nicht so richtig. Also segel ich einfach mal Fluss aufwärts. Es klappt!!! Nach 30 min. habe ich vielleicht 500 m geschafft. Dann schläft der Wind ein und ich packe die Segel wieder zusammen.
 
Weiter geht es nach Lenzen (km 484). Der Ort, wo mein Entschluss gefallen ist, die Elbe zu fahren. Hier geht eine kleine Fähre über die Elbe. 
Kurz dahinter gehe ich für Heute vor Anker. Irgend wie fühlt es sich ein bisschen so an, als ob die Reise langsam zu Ende geht, aber bis Lauenburg sind es ja noch knapp 100km.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit wird es auf einmal richtig kalt. Ein großer Schwarm Gänse fliegt mit lautem Spektakel zu seinen Schlafplätzen. Einige Fledermäuse fliegen ganz dicht über das Wasser und fangen die nervigen Moskitos weg. Sie fliegen so dicht über das Wasser, dass zeitweilig sogar die Flügel das Wasser berühren.